Akademie der Kunst und Philosophie Akademie der Wissenschaften | Académie des sciences |
Nr. 579Albertus Magnus - Philosopher of Middle Ages |
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Aus dem Inhalt:
Die Christgläubigen
("Christfideles") werden zu dem Berg geführt, der Christus ist; aber
ihn zu berühren hindert uns unsere sinnenhafte Natur; und sobald wir
versuchen, ihn mit unseren geistigen Augen ("oculi intellectuali") zu sehen,
geraten wir in Dunkelheit, wissend, dass in ihr jener Berg ist, auf dem
allein es für alle, die starken Geistes sind, schön ist zu wohnen.
Wenn wir ihm mit der Standhaftigkeit größeren Glaubens nahen,
werden wir den Augen jener, die im Sinnlichen verweilen, entrückt;
dann vernehmen wir mit innerem Ohr die Stimme, den Donner und die furchterregenden
Zeichen seiner Majestät und erkennen sogleich, dass er allein der
Herr ist, dem das Universum gehorcht; allmählich gelangen wir zu einigen
seiner unvergänglichen Fußspuren, sozusagen zu gewissen Zeichen
des Göttlichen ("divinissimos characteres"). Dort hören wir nicht
mehr die Stimme sterblicher Geschöpfe, sondern in heiligen Werken
und Zeichen von Propheten
"Denn wenn das dort Geoffenbarte gesagt werden sollte, würde das Unsagbare gesagt, das Unhörbare gehört, wie dort das Unsichtbare gesehen wird. Der in Ewigkeit gebenedeite Jesus nämlich, Ziel aller geistigen Schau, weil er die Wahrheit ist, Ziel aller sinnenhafter Erkenntnis, weil er das Leben ist, schliesslich Ziel allen Seins, weil er Gott und Mensch ist, die Vollkommenheit jeder Kreatur ist, wird dort als die Ziel-Grenze jeden Wortes auf unbegreifliche Weise vernommen. Jedes Wort nimmt von ihm seinen Ausgang und findet in ihm sein Ziel. Was an Wahrheit in ihm ist, stammt von ihm. Jedes Wort ist auf Wissen hingeordnet: also auf den, der die Weisheit selbst ist. «Alles was geschrieben ist, ist zu unserer Belehrung geschrieben.» Die Worte werden mit Hilfe der Schrift dargestellt. «Im Wort des Herrn sind die Himmel begründet.» Alles Geschaffene ist also Zeichen von Gottes Wort. Jedes körperlich hervorgebrachte Lautwort ist Zeichen des geistigen Wortes. Der Grund jeden geistigen Wortes, das vergänglich ist, ist das unvergängliche Wort, der Bestimmungs- und Vernunftgrund (verbum incorruptible, quod es ratio). Als fleischgewordenes Wort ist Christus der inkarnierte Vernunftgrund aller Gründe (incarnata ratio omnium rationum). Er ist das Ziel von allem." - Nicolaus Cusanus, De docta III, 11Die Schule von Chartres, Cusanus, Albertus Magnus, Johannes Scotus Eriugena kannten durchaus den Begriff des Ökosystems, über die Verbindung von Höherem und Niederem, das auf "bestmögliche Weise" funktioniert, was später von Leibniz und Goethe aufgegriffen wurde und im krassen Gegensatz zur heutigen Gen- und Klontechnik steht. Der Gedanke, Gott als Ursprung und Ziel von allem, geht zurück auf die Heilige Schrift und Johannes Scotus Eriugena. [2] "Es gibt sowohl für die Arten und die Gattungen als auch für das Universum nur eine Grenze; sie ist Mittelpunkt, Umkreis und Verbindung von allem. Auch schöpft das Universum nicht jene unbegrenzte und auf absolute Weise größte Macht Gottes aus, so dass es das schlechthin Größte wäre, das die Macht Gottes begrenzt. Es berührt darum nicht einmal die Grenze der absoluten Große; noch erreichen die Gattungen die Grenze des Universums, noch die Arten die Grenze der Gattungen und die Individuen die Grenze der Arten, so dass alles auf bestmögliche Weise zwischen dem Größten und Kleinsten als das existiert, was es ist, und Gott als Ursprung, Mitte und Ziel des Universums und der einzelnen Dinge, auf dass alles zu Gott gelangt, mag es nun aufsteigen oder absteigen oder zur Mitte streben. Die Verbindung aller Dinge geschieht durch ihn, so dass alles, wiewohl getrennt, auch verbunden ist. Daher ist die Verbindung zwischen den das eine Universum bildenden, eingeschränkten Gattungen nach oben und unten eine derartige, dass diese in der Mitte koinzidieren; ebenso besteht zwischen den verschiedenen Arten eine Ordnung derart, dass die oberste Art einer Gattung mit der untersten Art der unmittelbar übergeordneten Gattung koinzidiert, so dass ein eines kontinuierliches, vollkommenes Universum existiert." - Nicolaus Cusanus, De docta III, 1Weil zum Beispiel bei den Menschen jedoch die geistige Natur gegenüber der andern hervortritt, nennt man sie besser Geistwesen als Lebewesen, wenngleich sie von den Platonikern für geistige Lebewesen gehalten werden. Aus diesem Grunde wird gefolgert, dass die Arten geordnet sind ganz so wie die in geordneter Progression aufsteigende Zahl, die notwendigerweise begrenzt ist, so dass Ordnung, Harmonie und Proportion in der Unterschiedenheit herrscht ("ordo, harmonia ac proportio sit in diversitate"). [3] "Darum gibt es auch nichts im Universum, das sich nicht einer gewissen Einzigkeit (Singularitate) erfreute, die sich in keinem andern findet, so dass kein Ding ein anderes in allem übertrifft oder das Verschiedene in gleicher Weise hervortreten lässt, wie es auch niemals mit irgend etwas anderem in irgendeiner Beziehung gleich sein kann. Auch wenn es zu der einen Zeit kleiner als dieses und zur andern größer sein würde, macht es diesen Übergang in einer gewissen Einzigkeit, so dass es eine präzise Gleichheit nie erreicht." - Nicolaus Cusanus, De docta III, 1Die Individuationsprinzipien ("principia individuantia") können in keinem Individuum in derselben harmonischen Proportion zusammentreffen, wie in einem andern Individuum, so dass jedwedes durch sich eins und auf die relativ beste Weise vollkommen ist. Weil aber die Verschiedenheit der Meinungen gemäß der Verschiedenheit von Religionen, Sekten und Regionen Urteile vergleichsweise verschieden ausfallen lassen, so dass das nach der einen Auffassung Lobenswerte nach einer anderen tadelnswert ist, und da sie, über den Erdkreis verstreut, uns unbekannte Menschen gibt, so wissen wir also nicht, wer im Vergleich mit den übrigen Menschen der Welt sich besonders auszeichnet, weil wir nicht einmal einen aus ihnen allen vollkommen zu erkennen vermögen. Dies ist von Gott so eingerichtet worden, damit jeder, mag er auch die anderen bewundern, in sich selbst sein Genüge finde und in seinem Vaterland, so dass ihm sein Geburtsort anziehend erscheint in den Landessitten, in der Sprache und den übrigen Gegebenheiten, damit Einheit und Friede herrsche, soweit dies möglich ist; da Einheit und Friede jedweder Art nur durch diejenen vollkommen sein können, die im Geiste dessen herrschen, der unser alle sinnliche Vorstellung übersteigender Friede ist. [4] Anmerkungen [1] Ib.; Nicolaus
Cusanus, De docta III; Plato, Staat VII 533d; Boethius, cons. Phil. V;
Albertus Magnus, Super Dionysium De myst. theol. 5; vgl. Kurse Nr.
568 Nicolaus Cusanus - Renaissance Philosopher II, Nr.
579 Albertus Magnus,
Nr. 531
Plato. Ib.
Zur Philosophie und
Kultugeschichte des Mittelalters, der Schule von Chartres und der Renaissance
vgl. Kurse:
Nr.
581 Bernhard von Chartres, Nr.
580 Wilhelm von Conches, Nr.
579 Albertus Magnus, Nr.
578 Pierre Abaelard, Nr.
574 Johannes von Salisbury, Nr.
577 Petrus Lombardus, Nr.
576 Gilbert de la Porrée / Gilbert von Poitiers, Nr.
565 Johannes Scotus Eriugena, Nr.
575 Thierry de Chartres, Nr.
571 Alanus ab Insulis, Nr.
572 Anselm von Canterbury, Nr.
570 Hilarius von Poitiers, Nr.
568 Nicolaus Cusanus - Renaissance Philosopher I, Nr.
568 Nicolaus Cusanus - Renaissance Philosopher II, Nr.
564 St. Augustinus, Nr.
500 Thomas von Aquin I: Summa contra Gentiles, Nr.
501 St.Thomas Aquinas - Philosopher of Gothic period II: Summa Theol.,
Nr.
502 St.Thomas Aquinas - Philosopher of Gothic period III, Nr.
582 St.Thomas Aquinas - Philosopher of Gothic period IV, Nr.
566 Meister Eckhart , Nr. 562 Dante,
Nr. 320 Romanische Kunst
und Architektur , Nr.
325 Kunst und Architektur der Gothik, Nr.
326 Kunst und Architektur der Renaissance, Nr.
350 Byzantinische Kunst und Architektur. Akademie der Kunst und Philosophie
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